Yücel Doǧan

Zunächst einmal begrüße ich aus dem Blickwinkel meiner virtuellen Zelle heraus alle Menschen im Universum. Ich meine damit meine virtuelle Zelle, in der ich mich befinde, in der ich meine Gedanken aufschreibe und dabei versuche mich selbst zu karikieren. Verbunden mit meinem Gruß ist ein Dank, der sich an alle richtet, die sich die Zeit nehmen, die dargebotenen Sätze meiner Wenigkeit zu lesen.

Ich werde Ihnen Einblicke in meinen Charakter und in mein Innerstes geben, welches der Welt entfernt zu sein scheint und für sich selbst lebt. Über einen Menschen kann theoretisch alles Mögliche besprochen und erzählt werden. Doch der Mensch ist ein unglaublich kompliziertes Wesen.

Wenn wir das Geheimnis der Sprache der Tiere verstanden hätten, hätten wir zuerst uns selbst als Individuen und dann die Menschen als Kollektiv besser verstanden. Die Menschen können das Gute und das Böse gut nachahmen und ihre Rolle nach ihrem jeweiligen Befinden realistisch nachspielen. Es ist an dieser Stelle unwichtig und wertlos, Sie wissen zu lassen, wer ich bin; meine schmutzige Identität, meine Hautfarbe, meine Sprache, mein Glaube, mein seelisches Ich, meine Persönlichkeit, mein verhasstes Ego - all das ist soweit nicht von Relevanz. Im Allgemeinen teile ich nämlich das Schicksal der Menschen, die sich am Rande der Gesellschaft befinden, am Limit leben und ausgegrenzt werden. Kurz gesagt nehme ich mich nicht sehr wichtig.

Denken Sie jetzt einfach an ein Kind, das in schwierigen Wirtschaftsverhältnissen aufwächst. Hinter meinem Heranwachsen verbirgt sich eine dramatische Geschichte voller Abnormität und manche würden sie mit Kategorien beschreiben, mit denen wir Aspekte geistiger Behinderung in Worte fassen. Es geht um ein Kind, das unbewusst vernachlässigt wurde, zum Alleinsein verdammt und verurteilt wurde, zu einem Leben, in dem keine echte, dialogische Kommunikation unter den Familienmitgliedern stattfand, Gewalt und Spannung den Alltag beherrschten. Kurz: ein Leben, das auf Unzufriedenheit gebaut war, so wie es Millionen von Menschen weltweit erleben.

Warum entschloss ich mich aber nun dazu, einen Roman zu schreiben? Auf meinen Schultern und auf meinem Rücken trug lange Zeit einen elendig schweren Eisklumpen. Es war kalt, ich fror. Die Schmerzen taten meiner Seele und meinem Körper weh. Ich sollte diese Eismasse endlich abschütteln. Ich sollte mit mir abrechnen und gegen die Unfähigkeit eines würdigen Lebens protestieren. Anstatt mich von der Weite zu betrachten, sollte ich mich meiner inneren Welt nähern und in die Tiefen meiner eigenen Abgründe abtauchen. Ich habe mich dafür mit der Aufrichtigkeit in meinem Inneren mit den verlogenen Personen in meinem Äußeren auseinandergesetzt. Ich habe die dunklen Seiten in meinem Unterbewusstsein beleuchtet. Ich habe die in dieser Dunkelheit befindlichen Gefühle systematisch und lange Zeit gefoltert wie sie es mit mir taten und in Form dieses Romans ein Zeugnis der damit verbundenen Dramatik geschrieben. Ich war mir selbst gegenüber erbarmungslos und masochistisch. Die Charaktere, die sich in meinem Roman finden, habe ich beschrieben, doch nicht wie sie sind, sondern so, wie sie sein sollten - entsprechend malte ich Schwarz-Weiß-Bilder. Die Wörter versuchte harmonisch auszuwählen, ohne die Sätze damit zu kastrieren, und machte chemisch analytische Analysen. Ich versuchte die Chemie des Lebens in Gestalt der Kunst des Schreibens auszudrücken. Es war nicht einfach, meine Person zu vergesellschaften. Ich wurde transparent, entblößt wie eine nackte Person. Ich versuchte, meine Gedanken über das Leben auf die geschilderte Art auszudrücken; ohne Angst, ohne etwas zu verschleiern und ohne mich in die Gefilde der Unehrlichkeit zu begeben. Würde sich denn eine Frau schämen, die ein Kind gebärt? Natürlich nicht! Eine wirkungsvolle Sprache sollte also genauso von Mut und Entschlossenheit durchdrungen sein, wie eine gebärende Frau oder wie eine Chemotherapie an einem Krebskranken. Die Hoffnung ist nämlich wie eine primitive Fackel, die unsere Traumwelt erhellt und die Finsternis vertreibt. Das Gute und die Liebe sollen eine Hoffnung für eine neue Welt ohne Vorurteile sein und wenn ich mit meiner erbarmungslosen Offenheit mir selbst und allem Dasein gegenüber einen Beitrag dazu leiste, dann habe ich erreicht, wonach mir war.

Entsprechend sollen Sie die Liebe und den Respekt in meinem Herzen in diesem Roman spüren!

YÜCEL DOǦAN